Warum Banken und Versicherungen beim Cloud-Einsatz besonders hohe Hürden nehmen müssen
(TL). Die digitale Transformation hat längst auch die Finanzbranche erfasst. Doch während viele Unternehmen Cloud-Technologien bereits flächendeckend nutzen, gestaltet sich der Weg in die Cloud für Banken, Versicherungen und andere regulierte Branchen deutlich komplexer. Der Grund: ein dichtes Netz gesetzlicher Vorgaben, Datenschutzpflichten und branchenspezifischer Auflagen, das keine schnellen Entscheidungen erlaubt – sondern eine wohlüberlegte, revisionssichere und compliance-konforme Cloud-Strategie erforderlich macht.
Regulatorische Anforderungen bremsen den Fortschritt – aber aus gutem Grund
Finanzdienstleister arbeiten mit hochsensiblen Daten: Kontobewegungen, Kreditverträge, biometrische Identifikationsdaten und vieles mehr. Entsprechend hoch ist das Schutzbedürfnis dieser Informationen – und entsprechend streng sind die Anforderungen an deren Speicherung, Verarbeitung und Übertragbarkeit. Die Cloud-Infrastruktur muss daher nicht nur funktional überzeugen, sondern auch gegenüber Prüfbehörden, Datenschutzbeauftragten und Aufsichtsbehörden wie der BaFin (in Deutschland) transparent und belastbar sein.
Hinzu kommt: Die Infrastruktur darf nicht nur heute sicher und konform sein, sondern muss auch in Zukunft flexibel auf neue regulatorische Anforderungen reagieren können – von der DSGVO über die EBA-Guidelines bis hin zu internationalen Compliance-Vorgaben.
On-Premises, Public, Private – die Mischung macht’s schwierig
Ein weiteres Hindernis: Die meisten Finanzorganisationen betreiben ihre Systeme nicht rein in der Public Cloud, sondern in einem komplexen Geflecht aus On-Premises-Rechenzentren, Private-Cloud-Infrastrukturen und externen Public-Cloud-Angeboten – also in hybriden oder Multi-Cloud-Umgebungen. Diese Konstellation soll es ermöglichen, die Vorteile der Skalierbarkeit und Innovation aus der Public Cloud zu nutzen, ohne die Kontrolle über sensible Daten aufzugeben.
Doch genau hier wird es technisch und organisatorisch anspruchsvoll. Denn jede einzelne Umgebung bringt eigene Anforderungen an Sicherheit, Verwaltung, Compliance und Integration mit sich.
Um diese heterogenen Strukturen effektiv zu betreiben, benötigen Finanzunternehmen:
- Eigene Cloud-Plattformen auf Linux- oder Windows-Basis
- Containerisierte Anwendungen, idealerweise orchestriert mit Kubernetes
- Sichere Verbindungen zu Public-Cloud-Angeboten der großen Hyperscaler (wie AWS, Azure oder Google Cloud)
- Zugriffs- und Berechtigungskonzepte, die regulatorischen Prüfungen standhalten
- Monitoring- und Audit-Systeme, die vollständige Nachvollziehbarkeit gewährleisten
Multi-Cloud-Management – mehr als nur ein Toolset
Wenn von „Multi-Cloud-Management“ gesprochen wird, denken viele zunächst an Tools zur Steuerung und Überwachung von Workloads in mehreren Public Clouds. Doch im regulierten Umfeld – insbesondere im Finanzsektor – greift diese Definition zu kurz.
Hier umfasst Multi-Cloud-Management ein viel größeres Spektrum: Es bezieht sich auch auf die Integration und Kontrolle von lokalen Infrastrukturen, sogenannten Community-Clouds, die speziell für Finanzdienstleister entwickelt wurden. In diesen privat betriebenen Cloud-Umgebungen laufen oft containerbasierte Anwendungen, die geschäftskritische Prozesse abwickeln – von der Transaktionsverarbeitung bis zur Risikoanalyse.
Ein wirksames Managementsystem muss also nicht nur Public-Cloud-Ressourcen orchestrieren, sondern auch sicherstellen, dass On-Premises-Workloads nahtlos eingebunden sind, Sicherheitsrichtlinien durchgängig gelten und alle Instanzen revisionsfähig dokumentiert sind.
Compliance by Design – nicht als Afterthought
Erfolgreiche Cloud-Projekte im Finanzbereich folgen daher dem Prinzip „Compliance by Design“. Das bedeutet: Sicherheits- und Compliance-Vorgaben werden von Anfang an in die Architektur und Prozesse eingebaut – nicht erst im Nachhinein ergänzt. Dazu zählen unter anderem:
- Verschlüsselung sensibler Daten (at rest & in transit)
- Kontrollierte Datenlokalisierung und Geofencing
- Protokollierung und Audit-Trails
- Automatisierte Regelprüfungen (z. B. über Policy Engines)
- Zertifizierte Rechenzentren und klare Exit-Strategien
Komplex, aber machbar – mit der richtigen Strategie
Der Weg in die Cloud ist für Banken, Versicherer und andere regulierte Unternehmen zweifellos anspruchsvoll – aber keineswegs unmöglich. Wer Cloud-Initiativen mit Weitblick plant, auf modulare, skalierbare und compliance-fähige Architekturen setzt und dabei Multi-Cloud-Management ganzheitlich versteht, kann die Vorteile der Cloud auch in sensiblen Branchen voll ausschöpfen.
Die Anforderungen an Sicherheit, Nachvollziehbarkeit und Regeltreue bleiben hoch – aber sie sind nicht länger eine unüberwindbare Barriere, sondern vielmehr ein Kompass für technologische Exzellenz.
Auch interessant: banking.iterop.de